Hybrid TUI-GUI: A Bowl of Balls (Bachelor Thesis, 2013)
Umsetzung eines auf Imageschemata basierenden Interaktionskonzeptes.
Bachelor Thesis im Studiengang Mensch-Computer-Systeme, 2013, Universität Würzburg
Täglich interagieren wir mittels Tastatur, Maus und neuerdings auch (Touch-)Gesten mit grafischen Nutzerschnittstellen (GUI). Tangible Userinterfaces (TUI) sind Objekte die mit der Hand manipuliert werden. Die Interaktion geht über die Betätigung von Knöpfen hinaus, stattdessen werden physische Objekte als Metaphern für das was im Computer geschieht im Raum bewegt und verändert. Ein Hybrid aus Beidem nutzt das jeweils am besten für eine (Teil-)Aufgabe geeignete Eingabeparadigma.
Imageschemata sind abstrakte Repräsentationen sensumotorischer Erfahrungen die Menschen im Laufe ihres Lebens machen und die helfen die Welt zu verstehen. Das Container Schema z.B. ist definiert durch ein Inneres, ein Äußeres und etwas das beides trennt. In unserem Alltag können dies Gebäude oder Postfächer sein. Eine Analyse der Sprache zeigt die mentalen Modelle: E-Mails sind Container („In der E-Mail stand…“). Imageschemata sind aufgrund ihrer tiefen Verankerung im Wissen der Nutzer geeignet für die Gestaltung intuitiver Benutzung (= unbewusste Anwendung von Vorwissen). Mit Hilfe von Imageschemata gestaltete Nutzerschnittstellen sind damit leicht zu erlernen und verwenden.
Basierend auf Imageschemata gestaltete Hurtienne (20111) die Nutzerschnittstelle der Software für die Buchhaltung einer Brauerei neu. Um zu überprüfen ob Imageschemata für verschiedene Interaktionsparadigmen angewandt werden können, entstanden ein GUI und ein Hybrid TUI-GUI, basierend auf den selben Imageschemata. Insbesondere die neuen Interaktionsmöglichkeiten die diese Lösung eröffnet, schätzten die Probanden in der Evaluation des LoFi Prototypen.
In der Bachelor Thesis wurde ein Teil dieses Entwurfes umgesetzt. Eine Schale (Container) repräsentiert den Eingangskorb, in dem Rechnungen, in Form von Kugeln (Container) ankommen. In einem GUI ist der Eingangskorb eine Liste mit Rechnungen und jede Rechnung durch ein Item repräsentiert. Rechnungen werden im GUI durch einen Doppelklick, im TUI durch Öffnen der Kugel geöffnet. Abhängig von der Dringlichkeit der Rechnung leuchtet, blinkt oder pulsiert eine Kugel in unterschiedlichen Farben. Sucht der Nutzer nach einer bestimmten Rechnung, leuchtet nur diese Kugel auf. Normalerweise ist jeder Kugel eine Rechnung fest zugeordnet. Für die Suche kann eine Rechnung aber auch innerhalb der Schale virtuell nach Oben „wandern“, sodass der Nutzer nicht die gesamte Schale zu durchsuchen braucht. Die Thesis beinhaltete die gesamte Entwicklung der Hardware vom Steckbrett-Prototypen über Design, Ätzen und Bestücken der Platinen sowie die Einpassung in die Kugeln. Außerdem wurden die Firmware für die Kugeln und eine Demo Computer Software entwickelt. Besondere Herausforderungen waren der hohe Stromverbrauch für die Kommunikation und die Bestimmung der Position der Kugeln.
Neben den Vorteilen die Imageschemata bieten, kann die TUI Lösung körperlichen Problemen vorbeugen (weniger repetitive Tätigkeiten), zu mehr Freude an der Arbeit (durch Abwechselung) und somit zu einer gesteigerten Produktivität führen. Erst mit der in der Thesis entstandenen „Bowl of Balls“ ist es möglich, die angenommen Vorteile zu belegen. Ganz generell kann nun erforscht werden ob und welche Vorteile mit Hilfe von Imageschemata gestaltete Hybrid-TUIs gegenüber GUIs haben.
Hurtienne, J. (2011). Image schemas and design for intuitive use. Exploring new guidance for user interface design. TU Berlin. ↩