Bedienen & Benutzen (Studienprojekt 2013-2015)

Verwendung, Bedeutung und Auswirkung der Worte „Bedienen“ und „Benutzen“ im Zusammenhang mit technischen Systemen.

Studienprojekt, im Studiengang Human-Computer Interaction, 2013-2015, Universität Würzburg

Die Worte „Bedienen“ und „Benutzen“ werden oftmals synonym verwendet, um die Interaktion mit technischen Systemen zu beschreiben. Dennoch haben die Worte für sich eine besondere Bedeutung, deren Abgrenzung allerdings schwierig ist. Emotional geladen könnte man darauf bestehen das Wort „Bedienen“ nicht zu verwenden um die Interaktion mit technischen Systemen zu beschreiben, denn „Bedienen“ kommt von „Dienen“, doch das Produkt soll dem Nutzer Dienen und nicht umgekehrt.

Der erste Schritt war die Durchführung einer Fokusgruppe, um das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und um erste Hypothesen zu generieren. Neben Überlegungen zu den Eigenschaften, entstand die Idee, dass verschiedene Nutzungsmodi zu unterschiedlicher Wortwahl führen. So könnten Wartung und Vorbereitung eher „Bedienen“ sein, während die tatsächliche Anwendung „Benutzen“ ist.

Die erste Studie mit ca. 100 Probanden wurde durchgeführt um zu testen ob ein Priming mit dem einen oder anderen Wort einen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Produktes hat. Mit anderen Worten: „Hat die Wortwahl einen Einfluss auf die Wahrnehmung?“ Dazu lasen die Probanden Kundenrezensionen zu je fünf Produkten. Eine Gruppe erhielt Rezensionen in denen, wo es möglich war, das Wort „Bedienen“ verwendet wurde, um die Interaktion zu beschreiben. Die andere Gruppe erhielt Rezensionen mit dem Wort „Benutzen“. Nach dem Lesen jeder Rezension füllten die Probanden einen User-Experience-Questionaire (UEQ, Laugwitz, 20061) aus. In dieser Studie konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die Wortwahl hat somit keinen Einfluss auf die User Experience eines Produktes. Dies ist gewissermaßen eine Erleichterung für die Macher und Nutzer des UEQ: Die Daten werden nicht davon beeinflusst, ob ein Verfasser des Materials, das eine oder das andere Wort bevorzugt.

Screenshot des Fragebogens für Mobiltelefone

Für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sind zunächst die Gründe für die Wortwahl von Interesse. Deshalb entstand eine umfangreiche Liste von Produkt-, Nutzer- und Aufgaben-Eigenschaften, welche einen Einfluss auf Wortwahl haben könnten. Beispielhaft seien hier die Komplexität des Produktes, die Erfahrung der Nutzer mit dem Produkt und ob es in der Freizeit, oder für die Erwerbsarbeit eingesetzt wird.

500 Probanden schätzten in einer weiteren Studie auf einer mobilen Website, für je fünf von 53 Produkten ein, wie „richtig“ oder „falsch“ eines der Worte klingt, um die Interaktion zu beschreiben. (Siehe den Screenshot an der Seite2.) 100 Probanden gaben für je drei Produkte eine Einstufung der oben genannten Eigenschaften an. Tatsächlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Ausprägung, der Eigenschaften eines Produktes und der „Richtigkeit“ eines interaktionsbeschreibenden Wortes. Beispielsweise nimmt mit zunehmender Komplexität eines Produktes die Richtigkeit des Wortes „bedienen“ zu, während die Richtigkeit des Wortes „benutzen“ abnimmt. Somit werden komplexe Produkte eher bedient als benutzt. Weitere Zusammenhänge müssen in der Zukunft erforscht werden.

  1. Laugwitz, B., Schrepp, M. & Held, T. (2006). Konstruktion eines Fragebogens zur Messung der User Experience von Softwareprodukten. In Mensch & computer 2006: mensch und computer im strukturwandel (S. 125–134).

  2. Foto einer Kaffeemaschine von Frank C. Müller, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=398524